Chor-Orgel für den Braunschweiger Dom: Verein sucht noch Spender

Schon lange soll der Dom eine zusätzliche Orgel bekommen. Jetzt nimmt das Projekt immer mehr Gestalt an – und der neu gegründete Orgelbauverein bittet um weitere Spenden.

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Der Orgelbauverein treibt das Projekt voran (von links): Martina Krug, Steffen Schwarz, Annette Keil und Christine Eichner.   (Foto: Peter Sierigk)

„Viele werden sich fragen, warum wir im Dom überhaupt eine weitere Orgel brauchen“, sagt Christine Eichner vom Vereinsvorstand. „Der Grund ist ganz einfach: Die große Orgel im Westwerk ist fest verankert und weit entfernt von den Chören der Domsingschule, die vor dem Siebenarmigen Leuchter singen. Sie kann zwar den Raum gut füllen, aber sie kann die Kinderstimmen nicht gut begleiten.“ Der Organist sei zu weit von den Sängern entfernt, der Schall komme verzögert an. „Die neue Orgel soll die Chöre angemessen begleiten. Alle anderen Domsingschulen haben solch eine Chor-Orgel.“

Seit vielen Jahren wird daher am Dom überlegt, was sich machen lässt. Die neue Orgel soll ja nicht nur gut klingen, sondern auch gut aussehen. Vor zwei Jahren wurden die Überlegungen konkreter. Man ließ ein Modell im Maßstab 1:1 anfertigen. Das Urteil aller Beteiligten lautete aber: viel zu wuchtig, nicht schön. Und nun?

Eine andere Idee kam auf: Es muss doch keine kompakte, große Orgel sein, sondern man könnte auch eine dezentere, zweiteilige Orgel nehmen. In englischen Kathedralen sind solche Zwillings-Orgeln verbreitet. Wissenschaftler vom Institut für Stahlbau der TU Braunschweig fertigten im 3-D-Drucker ein Modell im Maßstab 1:50 an. Seitdem sind sich am Dom alle einig: So eine Zwillings-Orgel soll es werden, mit 31 Registern und 2260 Pfeifen.

Wie Domkantor Gerd-Peter Münden erläutert, werden die beiden Orgelteile rechts und links hinter dem Siebenarmigen Leuchter stehen – frei im Raum. Die silbernen Pfeifen sollen den Leuchter wie Engelsflügel umschweben und umarmen. Inspiriert sei die Form vom wellenförmigen Dach der Hamburger Elbphilharmonie. Die Pfeifen werden nicht auf dem Boden stehen, sondern sie hängen. Bronzefarbene Unterteile sollen einen Bezug zum Leuchter herstellen. „Vom Mittelschiff aus wird man vom Orgelkörper wenig sehen“, sagt Münden. „Das Weltklasse-Panorama des Doms bleibt also erhalten!“ Zugleich habe die Denkmalpflege eindeutig signalisiert: Eigentlich ist der Dom zu leer – früher gab es zum Beispiel viel mehr Instrumente. Bis zu sechs Orgeln seien es zeitweise gewesen.

Der fahrbare Spieltisch soll bei Konzerten auf der Ebene vor dem Leuchter positioniert werden, also direkt beim Chor. Münden zufolge wird diese Ebene noch etwas nach außen verlängert – dort könne der Spieltisch dann unauffällig parken, wenn er nicht gebraucht werde. Der Domkantor schwärmt auch von der Technik: Die beiden neuen Orgel-Elemente sollen mit der bestehenden Orgel verbunden werden. „Das abwechselnde Spiel ermöglicht dann eine akustische Kombination, wie wir sie hier noch nie hatten! Das wird ein Live-Surround-System wie im Hamburger Michel.“

Außerdem bekommen die Orgeln an jeweils drei Seiten Klappen, ähnlich einer Jalousie. Über diese Klappen lassen sich die Orgeln öffnen und schließen, so Münden. „Dadurch können wir computergesteuert ganz gezielt bestimmte Teile des Doms mit Klang füllen. Das ist weltweit einmalig.“

So sei es künftig auch möglich, Taufen am Imervardkreuz und Veranstaltungen im Hohen Chor gezielt zu bespielen.

Ein Großprojekt, das den Dom verändern wird – und das viel Geld kostet. Insgesamt sind 800.000 Euro veranschlagt. Martina Krug, die Vorsitzende des Orgelbauvereins, betont: „Die Zwillings-Orgel wird nicht aus Kirchensteuern finanziert, sondern nur über Spenden.“

330.000 Euro sind ihr zufolge schon eingegangen. Es sei geplant, in zwei Etappen voranzugehen: Im ersten Abschnitt sollen der Spieltisch und die eine „Hälfte“ der Zwillings-Orgel angefertigt werden. Damit könne man schon kräftig spielen, sagt Martina Krug. Im zweiten Abschnitt soll die andere „Hälfte“ der Orgel folgen.

Für den ersten Abschnitt werden 480.000 Euro benötigt. Zieht man die schon vorhandenen Spenden ab, sind hier also noch 150.000 Euro offen. „Wenn dieses Geld bis zum Ende dieses Jahres eingeht, dann können wir dem Orgelbauer den Auftrag erteilen – und dann kann der erste Teil der Orgel zu Weihnachten 2022 im Dom erklingen.“

Und: Wenn in der Zwischenzeit auch das Geld für den zweiten Orgel-Teil zusammenkommt, also weitere 320.000 Euro, dann würde der Orgelbauer diesen sofort noch bauen, sagt Martina Krug. Andernfalls wäre eine erneute Wartezeit nötig – und die liege bei drei bis vier Jahren.

Wer spenden will, könne dies zum Beispiel über Pfeifenpatenschaften tun. „Jede Spende ist willkommen. Wir alle vermehren damit Schönes. Der Dom wurde damals so wertig gebaut – und wir führen das jetzt fort. Außerdem ist dieses Projekt ein Zeichen der Wertschätzung für die großartige Arbeit, die hier an der Domsingschule mit mehr als 600 Menschen, vor allem Kindern und Jugendlichen, Woche für Woche geleistet wird.“

Online-Artikel der Braunschweiger Zeitung von Cornelia Steiner am 16.11.2019. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages.

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