Chororgel für Braunschweiger Dom soll hochwertig werden

Die Domkirche St. Blasii zu Braunschweig steht zwischen Dom- und Burgplatz nicht nur im Herzen der Stadt, sondern ist auch im Herzen vieler Bewohner unserer Löwenstadt fest verankert. Das Wort der Dompredigerin Cornelia Götz wird gehört und hat Gewicht. Nicht zuletzt haben die Chöre und Musiker des Doms, angesiedelt in der Braunschweiger Domsingschule, einen hervorragenden Ruf. Jetzt will ein dafür gegründeter Orgelbauverein auf Spendenbasis eine zweite Orgel für den Dom anschaffen (wir berichteten), sie soll im Hohen Chor stehen und speziell die Chöre unterstützen.

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Dompredigerin Cornelia Götz schaut sich durch Vitrinenglas das Modell der geplanten Chor-Orgel an – und ist voller Vorfreude. Bis Januar müssen aber noch rund 115.000 Euro an Spenden eingeworben werden.   (Foto: Karsten Mentasti)

Noch fehlen Spenden in Höhe von rund 115.000 Euro, um den ersten Bauabschnitt zu realisieren. Wir sprachen mit Dompredigerin Cornelia Götz über das Projekt Zwillingsorgel, das in zwei Schritten umgesetzt werden soll.

Frau Götz, woher kommt die Initiative, dass der Dom eine zweite Orgel im Hohen Chor erhalten soll?

Der Ansatz, eine zusätzliche Chor-Orgel einzubauen, ist nicht neu. Unser Domkantor Gerd-Peter Münden hat schon, als er vor 20 Jahren an den Dom kam, ein solches Instrument vermisst. Und der Förderverein der Domsingschule sammelt bereits seit zehn Jahren dafür und hat eine beträchtliche sechsstellige Summe zusammengetragen. In den vergangenen Jahren hat die Diskussion um eine neue, zweite Orgel Fahrt aufgenommen. Wir haben jetzt alle Voraussetzungen geschaffen, um verstärkt für die Chor-Orgel zu werben und die Spendenaufrufe zu intensivieren.

Ist dieses zusätzliche Instrument wirklich notwendig?

Die große Orgel an der Westseite des Domes ist angelegt, um den Gesang der Gemeinde zu begleiten. Unsere Chöre stehen aber genau auf der anderen Seite des Domes, auf den Stufen vor dem Leuchter. Sie stehen quasi über den Köpfen der sitzenden Gemeinde. Daher ist die bestehende Orgel zur Begleitung von Chören und speziell von Kindern und Jugendlichen, die wir in unsere Liturgie mit einbauen und ihnen so einen Weg in die Kultur der Gottesdienste ebnen, nicht geeignet. Das E-Piano oder die kleine Truhenorgel, die stattdessen zur Begleitung der Chöre verwendet werden, sind nur als lange genutzte Provisorien zu sehen. Und den meisten wird schon aufgefallen sein, dass wir bei Konzerten die Sitze in Richtung Orgel umdrehen – das machen wir nicht aus Lust und Laune, sondern aus akustischen Gründen.

Aber die Kosten für eine Chor-Orgel, wie sie jetzt geplant ist, sind mit insgesamt 800.000 Euro, aufgeteilt in zwei Bauabschnitte, beträchtlich …

Die Menschen haben schon seit vielen Jahrhunderten immer wieder schöne und besondere Dinge Gott zur Ehre in ihre Kirchen gebaut und dafür gespendet, seien es Kunstobjekte, Wand- und Deckenmalereien – oder eben Instrumente. Kunsthistoriker sagen uns, dass man auch romanische Räume möblieren muss. Wir sind uns der Verantwortung, die wir mit dem Einbau einer Chor- Orgel für diese und kommende Generationen übernehmen, bewusst und haben uns daher von Experten beraten lassen, um für diesen besonderen Ort St. Blasii, der zum nationalen Kulturerbe gehört, eine passende hochwertige Lösung zu finden. Das war ein wertvoller Prozess.

Wieviel Geld ist denn schon zusammengekommen, wieviel wird noch benötigt, wie sieht der Zeitplan aus?

Zunächst sollen die Südorgel, also eine Seite der Zwillingsorgel, und natürlich der mobile Spieltisch gebaut werden. Der erste Teil der Orgel wäre damit voll funktionsfähig. Dafür werden 480.000 Euro benötigt, von denen wir schon 330.000 Euro gesammelt haben. Seit Mitte November wurden weitere 36.500 Euro gespendet, so dass wir jetzt noch rund 115.000 Euro benötigen, um loszulegen. Wir würden gern im Januar dem Orgelbauer grünes Licht geben, dass er den Bau des ersten Orgelabschnitts fest einplanen kann.

Wann soll die Orgel fertig sein?

Unser Ziel und Plan ist, die Süd-Orgel Ende 2022 oder Anfang 2023 in Betrieb nehmen zu können. Das Problem ist nur, dass die Orgelbauer volle Auftragsbücher für weltweite Orgelprojekte haben. Deswegen drängt die Zeit. Wenn wir nicht bis Anfang 2020 den Startschuss geben, gibt der Orgelbauer anderen Kunden Vorrang und wir rutschen in der Auftragsliste nach hinten.

Wer soll die Orgel bauen?

Wir werden den Freiburger Hersteller Orgelbau Späth beauftragen, der bereits 2002/2003 unsere bestehende Domorgel neu intoniert hat.

Kann der Auftrag nur erteilt werden, wenn die vollen 480.000 Euro zur Verfügung stehen?

Ja, das hat die Landeskirche als Stiftungsvorstand des Braunschweiger Doms so festgelegt. In das Projekt Zwillingsorgel dürfen keine Mittel aus der Kirchensteuer fließen, deshalb müssen wir bei Auftragserteilung das komplette Geld, finanziert aus Spenden, auf unserem Konto haben. Ansonsten verzögert sich alles, da gibt es keine Alternative. Und natürlich werden bei einer späteren Beauftragung auch Lohn- und Materialkosten noch steigen.

Sie sprechen von einem Prozess bei der Entwicklung der Chor- Orgel. Wie sah dieser aus?

Zunächst war eine Orgel geplant, die hinter den Säulen der Vierung der Kirche versteckt ist. Es gab ein solches Modell. Damit wurde eine konstruktive Debatte angestoßen, was wir so beabsichtigt hatten. Wir haben uns dann mit Fachleuten beraten, darunter Vertreter des Landesamtes für Denkmalpflege und der Romanik-Experte Professor Norbert Nußbaum aus Köln. Dieser Austausch hat zum Entwurf des Orgelbauarchitekten Lothar Zickermann geführt, der nach Absprache mit der Baubehörde der Landeskirche jetzt umgesetzt werden soll.

Es gehört etwas Mut dazu, den Grundriss einer so alten Kirche zu verändern …

Wir greifen ja nicht irreversibel in die Substanz ein, das hätte der Denkmalschutz nicht toleriert und das hat ohnehin keiner gewollt. Die Wandmalerei bleibt komplett sichtbar, der Leuchter dominant. Die Experten haben uns dazu geraten, mutig zu sein und wie die Menschen vor uns die Handschrift unserer Zeit in den Dom einzutragen. Professor Nußbaum hat uns gewarnt, mit den perfekten Achsen konkurrieren oder sie ergänzen zu wollen, darum wird die Orgel auf einem Absatz weder mittig noch rechtwinklig stehen. Die geplante Chor-Orgel ragt nur wenig in den Hohen Chor hinein und wird – nach dem zweiten Bauabschnitt, für den wir nach Beginn des ersten anfangen werden zu sammeln – den vergleichsweise zarten siebenarmigen Leuchter wie zwei Flügelspitzen einrahmen.

Online-Artikel der Braunschweiger Zeitung von Karsten Mentasti am 17.12.2019. Außerdem erschienen als „Nur eine hochwertige Lösung kommt in Frage“ in der Print-Ausgabe vom 18.12.2019. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages.

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