Alte Pfeifen für die neue Orgel im Braunschweiger Dom
Orgelpfeifen zu verkaufen! Der Orgelbauverein am Dom beweist viel Phantasie beim Geldeintreiben. Um die ersehnten Zwillings-Instrumente für die Chöre finanzieren zu können, bietet er ab dem dritten Adventswochenende ungewöhnliche Weihnachtsgeschenke oder Erinnerungsstücke feil. Je Zentimeter für einen Euro. Die kleinste Pfeife misst 24 Zentimeter, die größte 89 Zentimeter. „Es darf gerne aufgerundet werden“, ermuntert Martina Krug, Vorsitzende des rührigen Vereins. 92 Pfeifen stehen insgesamt zum Verkauf.
Die Orgel könnte 2025 fertig sein
Für die erste, die Südorgel, ist wie berichtet die erforderliche Summe von einer halben Million Euro bereits zusammen. Mit dem Einbau kann somit Ende 2022 begonnen werden. Bei der Nordorgel derweil klafft bei Kosten von 400.000 Euro eine Finanzierungslücke von 240.000 Euro. Der Verein ist aber optimistisch, auch den zweiten Bauabschnitt stemmen zu können: „Bürgerschaftliches Engagement für kulturelle Belange hat in Braunschweig eine gute Tradition“, so Krug. Die Vorsitzende freut sich, dass bereits so viele Braunschweiger erneut gespendet haben: „Dass trotz der momentanen Situation und der nur eingeschränkt stattfindenden Veranstaltungen am Dom so viele Beiträge zu unserem Projekt geleistet wurden, macht uns dankbar.“ Wenn die Finanzierung steht, könnte der zweite Bauabschnitt Ende 2025 beginnen. Die Zwillinge wären dann Anfang 2025 im Doppelpack einsatzbereit.
Verkauf startet am dritten Adventswochenende
Nun haben die Vereinsmitglieder für ihre Zwecke nicht etwa die große Schuke-Orgel im Dom auseinandergenommen, sondern sie veräußern Pfeifen, die ihnen ein Orgelenthusiast aus Watenbüttel vermacht hat. Verkauft wird nach den Veranstaltungen im Dom an den Wochenenden 12./13. Dezember sowie 19./20. Dezember und – falls dann überhaupt noch Pfeifen zu haben sind – am 26. und 31. Dezember. Verkauft wird im linken Seitenschiff beim kleinen Dommodell.
Wer leer ausgeht und das Projekt trotzdem unterstützen möchte, kann auch eine Patenschaft für die neuen Pfeifen übernehmen. Beide Orgelteile werden zusammen 2.260 Pfeifen haben. Mit jeder Pfeifenpatenschaft bekäme das Instrument eine weitere Klangfarbe.
Ein Zugewinn nicht nur für die Chöre
Doch warum überhaupt ein neues Instrument? Der Verein erklärt: Die vorhandene große Orgel im Westwerk fülle den Dom mit Klang, sei aber nicht geeignet, Kinderstimmen zu begleiten. Daher solle ein dem Dom angemessenes weiteres Instrument gebaut werden, das speziell Chöre begleiten könne und auch den zentralen Bereich des Domes musikalisch erschließe. Dann werde – wie in allen bedeutenden Kathedralen – die Musik durch mehrere Instrumente zum Klingen gebracht.
Kantor kann die Lautstärke besser steuern
Die Zwillinge nach englischem Vorbild sollen rechts und links hinter dem Siebenarmigen Leuchter stehen, sind jedoch von einem Spielpult zu bedienen, das davor steht. „Damit wäre die Feinabstimmung zwischen Chor und Orgel perfekt“, so Martina Krug. Der Organist hätte beste Sicht auf die Chöre – gerade für die Arbeit mit Kindern unerlässlich. Die Zwillings-Orgeln sollen von allen Seiten verkleidet werden. Da sie verhältnismäßig klein sind, würden sie auch nicht das Epitaph im Seitenschiff verdecken. Zusätzlich zu den neuen Chor-Orgeln soll auch der Eingang der Krypta neu gestaltet werden.
Auch der Zusammenklang ist besser
Domkantor Gerd-Peter Münden ist euphorisch, was den Mehrwert betrifft. Er erklärte: „Für den Chorgesang ist die Orgel mit ihrem ,englischen’, weich-pastelligen Klang besonders wertvoll, weil sich für den Hörer ein viel besserer Zusammenklang ergibt. Auch die Sänger können die Orgel besser hören und deshalb sauberer singen. Und weil ich als Kantor vor Orgel und Chor sitze, kann ich auf den Punkt genau die perfekte Lautstärke bestimmen. Bisher sitze ich hinter dem Chor und kann das nur ahnen.“ Die neue Orgel wäre insgesamt ein Gewinn für alle Art der Musik im Dom.
Online-Artikel der Braunschweiger Zeitung von Ann Claire Richter am 04.12.2020. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages.
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