Gesang wie unter Engelsflügeln
Der Braunschweiger Dom bekommt eine neue Orgel. Sie soll im Hohen Chor auf der Höhe des siebenarmigen Leuchters stehen und zur Begleitung der Chöre dienen, die traditionell von dort singen. Nun stellte der Orgelbauverein das Projekt vor.
Wie zwei Engelsflügel, die den großen bronzenen siebenarmigen Leuchter flankieren, soll die neue Orgel des Braunschweiger Doms aussehen. Tatsächlich soll es sich um zwei voneinander unabhängige Baueinheiten handeln, eine links des Leuchters, die andere rechts des Leuchters. Beide stehen nicht auf dem Hohen Chor selbst, sondern an den Seiten auf dem Boden der Kirche. Doch sie sollen bis zum Hohen Chor hinauf- und von den Seiten her in den Hohen Chor hineinragen. Am vergangenen Samstag hat der „Orgelbauverein am Braunschweiger Dom“ mit einem „Tag der Orgel“ Interessierten die Möglichkeit geboten, sich über das Projekt zu informieren. Vor allem steht die Frage im Raum, wozu dieses Instrument benötigt wird. Als Gäste hatte der Verein den Orgelbauer Tilmann Späth aus Freiburg eingeladen, dessen Firma die Orgel in den kommenden zwei Jahren bauen wird. Ebenfalls zu Gast war Lothar Zickermann aus Burgdorf bei Hannover, als Orgelarchitekt der Mann, der für das äußere Erscheinungsbild der Orgel und ihre Eingliederung in das bestehende Ensemble der Kunstwerke verantwortlich ist. Der dritte Gast war der musikalische Hausherr des Doms, Gerd-Peter Münden, der die Idee und die Notwendigkeit des Spenden-Projektes darlegte. Immerhin gibt es im Westschiff des Doms bereits die große Orgel.
Auch die Finanzen waren ein wichtiges Thema. Denn die neue Orgel kostet voraussichtlich einen Betrag, der von einer Million nicht mehr weit entfernt ist. Er soll aus Spenden finanziert werden. Erörtert wurde auch, wie sich das neue Instrument in den Raum und seine Kunstwerke einfügen wird. Auf der Homepage des Orgelbauvereins werden Sinn und Zweck der neuen Orgel erklärt: „Die neue Orgel soll die Chöre angemessen begleiten. Auftrittsort der Chöre sind die Treppenstufen vor dem siebenarmigen Leuchter. Ihre Position an diesem Ort ermöglicht beste Klang- und Sichterlebnisse. Allerdings fehlt an dieser Stelle das erforderliche Begleitinstrument“, heißt es dort. Die Braunschweiger Domsingschule macht wöchentlich mit rund 600 Menschen in unterschiedlichsten Chorgruppierungen Musik. Die Sängerinnen und Sänger musizieren traditionell vom Hohen Chor her. Nach den Vorstellungen des Orgelarchitekten soll sich die Orgel auf zwei spiegelsymmetrische Türme verteilen und dadurch konfliktfrei in das Bauwerk einfügen. Die beiden Türme sollen frei stehen und sichtbar installiert werden, ohne allerdings die Hauptsichtachse des Doms in Richtung des Leuchters und weiter zur Apsis zu stören. Auch die Raumarchitektur soll von der neuen Orgel nicht beeinträchtigt werden. Die ganze neue Orgelanlage sei auf Eleganz und Leichtigkeit ausgerichtet, heißt es. Die neue Chororgel ist derzeit auf 31 Register mit 2260 Pfeifen konzipiert. Dazu kommt ein beweglicher Spieltisch, der im Hohen Chor frei verschoben werden kann. Sowohl von diesem Spieltisch als auch vom Spieltisch der Hauptorgel werden alle Orgeln im Dom anspielbar sein.
Die Inspiration für die Orgel hatte Gerd-Peter Münden auf einer Konzertreise im englischen Cardiff. Dort hatte er die Möglichkeit, die Orgel in der John’s Parish Church zu spielen, eine Begleitorgel für Jugendchöre. Die zarten Pastelltöne der Orgel haben Münden überzeugt, und so wird ein Großteil der Orgelpfeifen in Braunschweig eine Kopie ihrer Vorbilder in Cardiff werden. Die Einweihung der Orgel ist für die Adventszeit 2023 geplant.
Artikel der Kirchenzeitung vor Ort von Ralf-Thomas Lindner am 19.09.2021. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages.
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